Der Flugplatz Schönhagen ist eigentlich ein netter Platz mit einem netten Betreiber. Allerdings bekommen ab fliegende Piloten, die von EDAZ abgeflogen sind, teilweise überraschende Post vom Landesamt für Bauen und Verkehr, Land Brandenburg und zwar mit folgendem Text:

„Verdacht der Unterschreitung der Flughöhe vor unter 2000 ft AGL über dem Vogelschutzgebiet (SPA) Nuthe-Nieplitz-Niederung nördlich des Verkehrslandeplatzes EDAZ.“

Soweit so schlecht. Was ist eigentlich der Vorwurf? Die Luftfahrzeugführer sind im Abflug von Schönhagen / EDAZ in einer Höhe unter 2000 Fuß nach Westen/Nordwesten geflogen. Dort befindet sich ein Vogelschutzgebiet, dass in der ICAO- Luftfahrerkarte und in der Anflugkarte auch eingezeichnet ist.

In der ICAO-Karte ist bezüglich der Vogelschutzgebiete der Hinweis aufgenommen: „Gebiete mit erheblicher Vogelschlag- und Störungsgefahr. Über Flüge und Ballonfahrten unter 2000 ft AGL und Außenlandungen vermeiden“ Die Zuwiderhandlung soll gemäß § 58 Abs. 1 Nr. 10 LuftVG i.V.m. § 44 Nr. 19 i.V.m. § 23 (1) Luftverkehrsordnung bußgeldrelevant sein, was in Anbetracht der Hinweise in der ICAO-Karte mehr als erstaunt. Es gibt nämlich keine Vorschrift, die über Vogelschutzgebieten zwingend eine besondere Mindestflughöhe vorschreiben.

Das Verhalten der Behörde und des Amtsträgers ist aber noch bedenklicher, weil für eine Strafverfolgung ein eher Grundsatz gilt: Keine Strafe ohne Gesetz (Nullum poena sine Lege). Dies war unter dem Eindruck des Dritten Reiches einer der wichtigen Eckpunkte unseres Rechtsstaates. Selbst wenn also eine Vorschrift existiert hätte, nach der man in 2000 Fuß zu fliegen habe, bedarf es zusätzlich einer korrespondierenden Vorschrift, nach der der Verstoß unter Strafe gestellt wird.

Die Behörde bzw. der Amtsträger im vorliegenden Fall berufen sich auf einen Verstoß gegen Regelungen des Flugbetriebes auf einem Flugplatz und dessen Umgebung gemäß § 23 Luft VO. Nach dieser Norm muss man die Regelungen SERA. 3225 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 923/2012 einhalten und die in den Nachrichten für Luftfahrer (NFL) bekannt gemachten Anordnungen der Luftfahrtbehörden für den Verkehr von Luftfahrzeugen auf dem Flugplatz und dessen Umgebung beachten, insbesondere die nach § 22 getroffenen besonderen Regelungen für die Durchführung des Flugplatzverkehrs. Ersichtlich liegt insoweit kein Verstoß vor.

Weiterhin ersichtlich bestünde auch gar keine Gesetzgebungskompetenz für die Festlegung von Mindestflughöhen in der Umgebung eines Landeplatzes. Scheinbar scheint das Landesamt für Bauen und Verkehr hier aus ideologischen Gründen getrieben, Bußgeldverfahren für vermeintliche Verletzung von Vogelschutzgebieten durchzuführen, für die es keine gesetzliche Grundlage gibt. Der Unterzeichner hat die Behörde auf diese Rechtslage hingewiesen, jetzt wird mit Spannung erwartet, wie die Behörde sich weiter verhält. Es gibt in dieser Beziehung eine spannende Norm im Strafgesetzbuch: § 344 StGB. Danach macht sich strafbar, wer als Amtsträger wissentlich Unschuldige verfolgt. Die Norm ist sinngemäß auch auf die Verfolgung im Rahmen von Bußgeldverfahren anzuwenden.

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Stefan Hinners, Fachanwalt Versicherungsrecht, Spezialgebiet Luftrecht und Luftfahrtsachverständiger, Rechtsanwälte Brüggemann & Hinners, Hamburg


1 Kommentar

Dr. Klaus-Jürgen Schwahn · 4. Juni 2020 um 16:29

Lieber Herr Hinners,
wir freuen über das eingangs erwähnte Lob zum Flugplatz. Die weiteren Ausführungen bedürfen einer klarstellenden Ergänzung.

Im Westen bis Nordwesten des Flugplatzes Schönhagen befindet sich ein Vogelschutzgebiet, das als SPA-Special Protection Area ausgewiesen ist und damit den höchsten naturschutzrechtlichen Schutzstatus genießt. Für die Belastung des SPA durch den Flugbetrieb gilt ein absolutes Verschlechterungsverbot, mit dem sich der Flugplatz seit der Jahrtausendwende arrangieren muss. Als maximale Belastungsgrenze wurden durch das OVG Berlin Brandenburg im Rahmen einer Klage des NABU 216 Flugbewegungen p.a. anerkannt, die aus flugbetrieblichen Gründen (Wetter, Ausweichregeln, Navigationsfehler) entstehen können. Bei einer Überschreitung drohen betriebliche Einschränkungen bis hin zur Schließung des Flugplatzes.

Die Erfahrungen zeigten schnell, dass man mit freiwilligen Verhaltensregeln in Publikationen und Anflugkarten und dem Hinweis, das SPA sei möglichst zu meiden, nicht sehr weit kommt. Die Folge waren jahrelange Streitigkeiten mit dem Nabu. Dazu gehörte u.a. auch eine Klage des NABU gegen die Luftfahrtbehörde wegen eines Vollzugsdefizits. Insider wissen, dass es von 2006 bis 2018 gedauert hat, um in Schönhagen einen Instrumentenflugbetrieb zu installieren. Einen maßgeblichen Teil dieser 12 Jahre haben wir mit diesen Streitigkeiten verbracht.

Im Jahr 2013 wurde dann durch die Gemeinsame Obere Luftfahrtbehörde Berlin Brandenburg in der Regelung des Flugplatzverkehrs nach § 22 (1) LuftVO (damals noch § 21 (a)) ein Durchflugverbot des SPA unter 2.000 ft AGL für den an- und abfliegenden Verkehr festgelegt. Die Regelungen des Flugplatzverkehrs nach § 22 LuftVO sind nach § 23 (1) 1. LuftVO zu beachten. Verstöße stellen nach § 44 (1) 19. LuftVO in Verbindung mit § 58 (1) 10. LuftVG eine Ordnungswidrigkeit dar.

Diese Regelung wurde übrigens von der Luftfahrtbehörde auf Veranlassung und im Einvernehmen mit dem Flugplatz und den ansässigen Flugschulen und Luftfahrttechnischen Betrieben umgesetzt. Ohne eine rechtsverbindliche Regelung zur Naturschutzproblematik mussten die Betriebe um ihre wirtschaftliche Existenz und Arbeitsplätze fürchten. Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zu vergleichbaren Fragestellungen an anderen Flughäfen hatten damals bestätigt, dass die Landesbehörden tatsächlich das Recht haben, solche Einschränkungen festzulegen. Inzwischen wird das durch die Anpassung des Bundesnaturschutzgesetzes an Europäisches Recht weiter gestärkt, das Naturschutzrecht und Luftrecht als gleichwertige Rechte nebeneinandersieht. In einer Arbeitsgruppe des BFN, in der u.a. auch die Luftfahrtverbände AOPA und DAEC vertreten sind, setzen wir uns gerade mit den Folgen dieser Entwicklung auseinander.

Der Streit mit dem NABU nahm jedoch mit den neuen Platzregeln 2013 kein Ende. Weiterhin wurde das mangelhafte Einhalten der Regeln angezweifelt. Im Rahmen der gerichtlichen Auseinandersetzungen rund um die IFR-Genehmigung wurde dann 2016 vom OVG BlnBg festgelegt, dass das Durchflugverbot als fester Bestandteil in die Betriebsgenehmigung des Flugplatzes für den VFR und den IFR-Verkehr aufzunehmen ist. Darüber hinaus wurde durch das Gericht ein Monitoring des SPA nach Aufnahme des Instrumentenflugbetriebes angeordnet, um den Nachweis zu erbringen, dass die erlaubte Belastungsgrenze tatsächlich nicht überschritten wird.

OWI-Anzeigen sind für jeden Flugplatz sicher das letzte, was er seinen Kunden zumuten möchte.

Auf der anderen Seite stehen die Regeln zum Platzverkehr in der Sichtanflugkarte, es liegen Publikationen im Abfertigungsbereich, im Briefingraum und bei den Flugschulen aus, es gibt deutliche Hinweise auf der Webseite des Flugplatzes mit einem Videobriefing zu allen An- und Abflugrichtungen. Innerhalb der RMZ gibt der AFIS-Dienst regelmäßig Hinweise an die Piloten über Funk, falls ein unerlaubter Durchflug droht. Last but not least stehen an beiden Seiten der Landebahn 4 m breite und 1,50 m hohe Tafeln, die grafisch und per Text auf das Durchflugbot hinweisen.

Mehr kann man als Flugplatz eigentlich nicht tun, um seine Kunden vor einer Ordnungswidrigkeitsanzeige zu schützen. Meines Wissens hat nie Pilot eine OWI-Anzeige bekommen, der mal etwas zu früh abgebogen ist oder die Höhenbegrenzung leicht unterschritten hat. Es waren immer klare, eindeutige Verstöße, z.B. mit verbotenen Geradeaus-An- oder Abflügen quer durch das SPA, in Höhen von meist 1.000 bis 1.500 ft MSL statt 2.000 ft AGL. Mitunter wird damit auch der übrige Verkehr gefährdet, denn der rechnet aufgrund der Platzregeln nicht mit Flugzeugen aus diesen Richtungen.

Dr. Klaus-Jürgen Schwahn
Flugplatzgesellschaft Schönhagen mbH
Geschäftsführer

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