Was ist zu beachten, wenn das Luftfahrt-Bundesamt sich bei einem Fliegerärztlichen Sachverständigen zu einem Aufsichtsbesuch meldet? Dieses ist im Luftrecht – § 24 e LuftVZO nur lückenhaft geregelt und daher nur im Gesetzeskontext verständlich.
1. Terminvereinbarung
Die Aufsichtsbehörde hat keinen Anspruch auf einen bestimmten Termin. Wenn der Termin für den fliegerärztlichen Sachverständigen nicht zu arrangieren ist, dann kann er die Aufsichtsbehörde bitten, einen anderen Termin zu nennen.
2. Einsicht in Pilotenakten
Sofern die Aufsichtsbehörde vor dem Aufsichtsbesuch eine Liste mit Namen von Piloten übersendet, in deren Patienten-Akten Einsicht beim Aufsichtsbesuch gewünscht wird, so ist dieses rechtswidrig.
Nach § 24 e Abs. 7 LuftVZO darf die aufsichtsführende Stelle ausschließlich anonymisiert Einsicht in medizinische Daten erhalten.
Dies bedeutet, dass die Aufsichtsbehörde nicht unter Bezugnahme auf einen Bewerber dessen Akte zur Einsicht verlangen darf.
Hierfür gibt es nur eine Ausnahme:
Wenn die Aufsichtsbehörde einen konkreten Verdacht hat, dass ein bestimmter Bewerber tatsächlich untauglich ist, aber tauglich geschrieben wurde. In diesem Fall hat der flugmedizinische Sachverständige gemäß § 24 e Abs. 8 LuftVZO eine zugeordnete Übersendung der medizinischen Befunde zu ermöglichen.
3. Gegenstand des Aufsichtsbesuches
Zweck des Aufsichtsbesuches sodann ist, dass die aufsichtsführende Stelle fachlich überprüft, ob die flugmedizinischen Tauglichkeitsuntersuchungen und die weitergehenden Überprüfungen nach den Bestimmungen über die Anforderung an die Tauglichkeit nach JAR FCL deutsch durchgeführt und die erforderlichen Eintragungen in die Tauglichkeitszeugnisse vorgenommen wurden.
Weiterhin prüft sie, ob die Voraussetzungen, die für die Anerkennung maßgeblich waren, fortbestehen und die erteilten Auflagen eingehalten werden.
Dies bedeutet, der Aufsichtsbesuch dient dazu, zu prüfen, ob der Ablauf der Tauglichkeitsuntersuchungen fachgerecht ist, das heißt ob die Bewerber in der fachlich richtigen Weise durch die Untersuchungsstationen geführt werden, ob sämtliche notwendigen Untersuchungen auch durchgeführt werden, ob die richtigen Geräte oder Untersuchungsmethoden benutzt werden, ob die Eintragungen richtig vorgenommen werden, etc. In fachlicher Hinsicht darf das Luftfahrt-Bundesamt dann anonymisiert einzelne Pilotenakten ansehen, um zu prüfen, ob die Tauglichkeitsentscheidungen richtig erfolgt sind. Lediglich im Einzelfall und nur dann, wenn die Tauglichkeit nicht gegeben ist, darf das Luftfahrt-Bundesamt eine Personalisierung des Bewerbers verlangen, um lizenzrechtliche Maßnahmen zu ergreifen.
Für diesen Fall und nur für diesen Fall dürfte ein konkludentes Einverständnis des Bewerbers mit der Übermittlung der Daten an das LBA bestehen. Da in der zugrunde liegenden Verordnung niedergelegt ist, dass ein Untauglichkeitsbefund zu übermitteln ist, erklärt der Bewerber faktisch sein Einverständnis vor Beginn der Untersuchung, dass im Falle einer Untauglichkeit der Bescheid an das LBA übermittelt werden darf. Insoweit dürfte das Einverständnis auch dahin gehen, dass das LBA den Namen des Piloten erfahren darf, wenn es begründet von einer Untauglichkeit ausgeht.
4. Ärztliche Schweigepflicht
Diese Ausnahme von der ärztlichen Schweigepflicht geht aber nicht so weit, dass das LBA einfach mal aus Interesse die medizinischen Daten irgendeiner Person überprüfen darf. Hier könnte ja auch einfach mal Interesse des LBA an einer (missliebigen) Person Ursache sein. Das Einverständnis gilt nur für den Fall der Untauglichkeit und dann auch nur für die untauglich machenden Umstände.
Plastisch wird dieses daran, macht man sich einmal klar, dass beispielsweise in den medizinischen Befunden auch Befunde enthalten sind, die beispielsweise das Persönlichkeitsrecht betreffen – beispielsweise, dass eine in der Luftfahrt allseits bekannte Person sich hat sterilisieren lassen oder ähnliches. Dieses fällt weiterhin unter die ärztliche Schweigepflicht, sofern es nicht mit irgendeinem Untauglichkeitsbefund zusammenhängt. Das Referat L5 hat kein Recht, bei namentlichen Bewerbern den gesamten Gesundheitsstatus durchzusehen.
5. Übermittlung von Unterlagen an das Luftfahrt-Bundesamt
Unterlagen dürfen an das Luftfahrt-Bundesamt nur dann übermittelt werden, wenn sie anonymisiert worden sind. Das heißt, es muss der Name in sämtlichen Befunden geschwärzt werden und es muss das Datum der Tauglichkeitsuntersuchung geschwärzt werden, weil ansonsten das Luftfahrt-Bundesamt über das Untersuchungsdatum eine Personalisierung herbeiführen kann und dieses auch schon getan hat.
6. Zuordnung zur Person des Bewerbers
Eine Zuordnung ist ausschließlich dann gestattet, wenn eine falsche Tauglichkeitsentscheidung getroffen worden ist und Hinweise hierauf bestehen.
7. Umfang der Einsicht
Da sämtliche Unterlagen geschwärzt und anonymisiert werden müssen, wenn die Mitarbeiter der Aufsichtsbehörde diese einsehen wollen, dürfte eine natürliche Grenze in der Anzahl der einzusehenden Akten bestehen. Da das Luftfahrt-Bundesamt ja stichprobenartig Akten einsehen darf, müssen entweder nach einem Zufallsprinzip Akten ausgesucht werden oder jedenfalls in der Weise, dass das Luftfahrt-Bundesamt Akten auswählt, ohne die Namen der Piloten zu sehen. Insofern wäre es sinnvoll, wenn die fliegerärztlichen Untersuchungsstellen die Bewerberakten nicht mehr unter dem Bewerbernamen sondern unter einer Bewerbernummer oder Patientennummer führen, so dass die aufsichtsführende Stelle entsprechende Akten aus dem Aktenschrank ziehen kann, ohne zu wissen, welcher Bewerber dahinter verborgen ist. Sodann muss der Fliegerarzt die Anonymisierung der Akte veranlassen, das heißt sämtliche in dieser Akte befindlichen Befunde hinsichtlich des Namens schwärzen und die Unterlagen geschwärzt in Kopie an die aufsichtsführende Stelle übergeben.
Allein aufgrund des damit zusammenhängenden Aufwandes ist die Zahl der Akten, in die Einsicht genommen wird, im Regelfall begrenzt.
8. Verlängerung der Anerkennung
Im Gesetz ist niedergelegt, dass eine Verlängerung der Anerkennung nicht von Erkenntnissen aus den Aufsichtsbesuchen abhängig gemacht werden darf. Die Verlängerung darf daher weder zeitlich begrenzt noch dem Umfang nach eingeschränkt werden, wenn nach Auffassung der aufsichtsführenden Stelle Akten Mängel enthalten.
mitgeteilt durch Rechtsanwalt Stefan Hinners, Rechtsanwälte Brüggemann & Hinners, Hamburg
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