Auch mit unter 18 Punkten in der Verkehrssünderdatei in Flensburg kann der Führerschein weg sein. Das Bundesverwaltungsgericht hat nämlich eine eigenwillige Rechtsauffassung zum § 4 Abs. 4 StVG.

Danach, so das Bundesverwaltungsgericht, gilt bei dem Punktesystem das Tattagprinzip.

Dieses ist nach Ansicht des Unterzeichners mit dem Gesetzeswortlaut nicht in Einklang zu bringen, die Rechtsprechung ist im Augenblick aber eindeutig. Worum geht es ?

Ein Verkehrssünder hat im Verkehrszentralregister (VZR) des Luftfahrt-Bundesamtes 16 Punkte eingetragen. Er ist ordnungsgemäß nach § 4 Abs. 3 StVG belehrt worden und begeht trotzdem einen weiteren Verstoß, der mit drei Punkten geahndet werden würde. Der Autofahrer bestreitet die Tatbegehung und legt Rechtsmittel gegen den erlassenen Bußgeldbescheid ein. Es geht um eine Rotlichtfahrt, der Tatvorwurf beruht ausschließlich auf einer Behauptung eines Polizeibeamten.

Noch während des Gerichtsverfahrens werden drei Punkte wegen Erreichens der 5-Jahres-Schwelle getilgt. Im Verkehrszentralregister sind damit zu diesem Zeitpunkt nur noch 13 Punkte eingetragen.

Nach einem langwierigen Gerichtsverfahren und einer Beweisaufnahme wird der Einspruch gegen den Bußgeldbescheid zurückgewiesen, die Punkte aus der Rotlichtfahrt werden eingetragen und der Betroffene hat wieder 16 Punkte im Verkehrszentralregister. Er hat also zu keinem Zeitpunkt mehr als 16 Punkte eingetragen gehabt. Trotzdem entzieht im die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis. Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes und vieler Oberverwaltungsgerichte zu Recht:

Sinn und Zweck der Regelung seien für das Erreichen der in § 4 Abs. 4 Satz 1 StVG genannten Schwellen die Verkehrsverstöße, die an einem Stichtag begangen waren, auch wenn sie erst später rechtskräftig geahndet wurden (Tattagprinzip).

Dieses wird blumig damit begründet, dass ansonsten Täter geneigt sein könnten, auch aussichtslose Rechtsmittel gegen Bußgeldbescheide einzulegen, um die Verfahren zu verzögern und so eine Tilgung der Punkte zu erreichen, bevor neue Punkte eingetragen werden. Dieses vielleicht im Einzelfall auftretende Phänomen ist aber keine Grundlage, gegen das Gesetz zu entscheiden.

In § 4 Abs. 3 Ziff. 3 StVG lautet es:

Ergeben sich 18 oder mehr Punkte, so gilt der Betroffene als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, die Fahrerlaubnisbehörde hat die Fahrerlaubnis zu entziehen.

Dieses „Ergeben“ kann sich nur auf die im Verkehrszentralregister eingetragenen Punkte beziehen, dieses weist der Gesetzeswortlaut eindeutig aus.

Das Verwaltungsgericht erklärt aber schlankweg, die Punkte ergeben sich auch, wenn sie noch nicht eingetragen sind, so dass die Entziehung der Fahrerlaubnis zu erfolgen hat, auch wenn zu keinem Zeitpunkt mehr als 16 Punkte im VZR eingetragen waren.

mitgeteilt von Rechtsanwälten Brüggemann & Hinners

2012110501


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